Sturmzeit. Am Fenster sehe ich Schneeregen vorüberwehen. Der Wind dröhnt. „Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr“, hat Rilke mal geschrieben, und Bilder kommen in mir hoch von zerbombten Häusern, von riesengroßen Zeltstädten und von Menschen, die mit müdem Blick vor der Kamera stehen.
Sturmzeit. So mancher schafft es ja, die gesellschaftliche Wetterlage derartig aufzuwühlen, dass sich aus Schaumschlägerei tatsächlich Wellen der Angst aufbauen und dass das, was bisher einigermaßen verlässlich durchs Leben getragen hat, ins Wanken gerät.
Ordentlich Wellengang auch im Vorfeld der Bundestagswahl, und das in bestürzend flachem Fahrwasser!
Wie gehen Sie damit um, liebe Leserin, lieber Leser?
Ich gebe zu: So ganz frei machen kann ich mich nicht vom Strudel unserer stürmischen Zeiten. Die Sorge, dass die Staatengemeinschaft, in der gemeinsame Regeln gelten, auseinanderbricht, beschäftigt mich. Und die Frage, was passiert, wenn der gemeinschaftliche Wille, die Erde als unseren Lebensraum erhalten zu wollen, nicht mehr erkennbar ist, belastet und lähmt, ob ich will oder nicht.
Als Christin habe ich aber Strategien, die ich mir immer wieder bewusst machen kann:
Strategie 1: Ich bin nicht allein, sondern zusammen mit anderen unterwegs. Auch wenn die See stürmisch wird, gibt mir diese Gewissheit eine große Portion Mut und Lebensfreude. Ob es nun weitere Christ*innen bei einem Friedensgebet sind, ob es die Gruppe ist, mit der ich eine Demo für Respekt und Demokratie organisiere, oder ganz schlicht meine Familie – Menschen, die für mich da sind und mir zuhören, sodass ich meinem Herzen Luft machen, meine Sorgen aussprechen und um Hilfe bitten kann.
Strategie 2: Ich erinnere mich daran, dass ich schon öfter bewahrt worden bin. Habe schon Stürme überstanden und bin gestärkt daraus hervorgegangen. Ja, es gibt Sturmzeiten im Leben; und ja, sie können einem den Boden unter den Füßen wegziehen. Aber für mich und für jeden, der es versuchen will, gilt: Ich rufe zu Gott in meiner Not, und er wird mir antworten. „Habt ihr denn kein Vertrauen?“ fragte Jesus seine Jünger mitten im Orkan auf dem Meer. Ihrer großen Angst trat er mit Ruhe und innerer Stärke entgegen, beruhigte in wundersamer Weise den Sturm und brachte das Tosen zum Stillstand. Stille senkte sich aufs Boot, und die Jünger ließen los; atmeten auf; fanden wieder festen Halt.
Jesus stillt den Sturm: ein großartiges Bild gegen die Angst genauso wie gegen schaumschlagende Windmacher. Erinnern wir uns daran in stürmischen Zeiten!
Ihre Susanne von Stemm, Pastorin in Bokeloh