Nein, nein – nicht wie Sie vielleicht denken mögen; dieser Zuruf ist ganz und gar nicht politisch gemeint. Wobei ich zugeben muss, dass ein solches Ansinnen in dieser Zeit der Wahlen und Neukonsolidierungen einiger Landesparlamente nicht ganz abwegig erscheint. Meinte doch unlängst ein AFD-Vorsitzender, gebeugt über der Enttäuschung, dass seine Partei nun doch in der Opposition sei: „Wir werden nun das machen, was wir in den vergangenen Jahren auch getan haben. Die Regierung vor uns hertreiben!“
Nun denn. Sollte die nicht nach dem Wählerwunsch auch Zugpferd sein zum Wohle des Landes? – Die Richtung jedenfalls stimmt schon einmal: Es geht um Pferde. Eines dieser Zugpferde vor der Kutsche. Das Gewimmel des Straßenverkehrs ist wirr und dicht. Überall Lärm und Gehupe. Dem einsamen Ross vor seinem Wagen behagt die Situation überhaupt nicht. Am liebsten würde es ausbrechen und davonlaufen. Doch eingespannt, wie es ist, würde das nur in der Katastrophe enden. Der Kutscher, ein erfahrener und besonnener Mensch, weiß um die Not seines Tiere. Mit beruhigender Stimme ruft er seinem Zugpferd zu: „Ruhig Brauner.“ Schon fühlt es sich nicht mehr allein und gut aufgehoben, denn irgendwie ist beiden bewusst, voran geht es nur gemeinsam.
Wissen Sie, manchmal fühle mich wie so ein Pferd; und die Haarfarbe passt auch so in etwa. Jedenfalls früher. Ganz gleich ob sie Radio hören, fernsehen oder in der Zeitung lesen – von sozialen Medien einmal ganz zu schweigen – fühle ich mich auch oft durchs Leben gejagt, aufgescheucht, und hin und wieder wird einem ganz angst und bange. Da ist mir leicht auch mal danach, einfach davon zu galoppieren oder kurz mal abzutauchen. Wie gut ist es da, beruhigende Worte und Worte des Lebens zu hören. So etwa den Wochenspruch für diesen Sonntag: Dies Gebot haben wir von ihm, dass, wer Gott liebt, dass der auch seinen Bruder liebe.
Auch wenn uns beim Anblick unseres Gegenübers und ihres oder seines Tuns manchmal die Hutschnur platzen mag, so reicht Gottes schützend gehaltene Hand auch über sie oder ihn. Vielleicht geht es ihnen bei aller Hast des Alltags genau wie uns. Gut, wenn da jemand zuhört, anstatt zu schimpfen. Und eines ist auch gewiss: Ziele erreicht man eben nun einmal nur gemeinsam.
Ihnen ein schönes und ruhiges Wochenende.
Prädikant Holger Kipp