Oh, endlich sah ich den ersten Schmetterling, diesmal erst am 5. März. sogar gleich zwei Zitronenfalter, wie schön! Diesmal flatterte bald nach den beiden ein dunkler Schatten an mir vorbei, und ich entdeckte begeistert ein prächtiges Pfauenauge. Das hatte bestimmt in einer sicheren Mauerritze überwintert und wurde vom Sonnenschein gelockt zum Nektarnaschen. Dankbare »Frühlings-Freude! Blitzartig dachte ich an meine Lieblings-Schmetterlings-Geschichte und meinte „Die wird meine Andacht, wenn auch erst etwas später": Jeden Tag gehen die Frauen aus dem Dorf hinunter zum Fluss, um in großen Tonkrügen Wasser zu holen. Eines Morgens schaut' eine der Frauen verträumt einem Schmetterling nach. Dabei stolpert sie, und ihr Krug wird beschädigt. Einen zweiten hat sie nicht und auch kein Geld für einen neuen. Notdürftig umwickelt sie den Krug mit ihrem Tuch. Aber das Wasser tropft an den Bruchstellen heraus und als sie im Dorf ankommt, ist die Hälfte weg. .,Ach“, klagt sie ,.Welch ein Unglück, warum war ich bloß, so unvernünftig. Alle anderen bringen mehr Wasser nach Hause. Meine Mutter hat Recht, ich bin wirklich zu nichts nütze!“ Eines Morgens aber, als die Frauen wie immer zum Fluss gehen, ist der schmale Pfad gesäumt von grünen Gräsern und vielen kleinen Blumen, die rot und gelb und weiß' leuchten. „Das waren deine Wassertropfen“ stellen die Frauen lachend fest. „Sie haben den staubigen Weg zum Blühen gebracht!" Ein kleiner Schmetterling bringt alles durcheinander, mich vor kurzem auf freudige Art. Aber bei der jungen Frau war das anders: Nur kurz Freude, dann vielleicht Schmerzen am Fuß. Krug kaputt, Angst vor dem nach Hause kommen, Ärger. Vorwürfe, das Gefühl, mal wieder versagt zu haben..."allen anderen geht es besser...warum immer ich?“ Eine Frage, die uns bekannt vor- kommt und sehr belastend sein kann , zur Zeit besonders in einer für uns alle sehr schwierigen, ungewissen Zeit. Da ist „auf Gott zu vertrauen“ so wichtig, zu danken und hoffen und handeln und nicht im Selbstmitleid zu-versinken. Vielleicht konnte der Krug in der Geschichte noch gekittet werden oder die junge Frau bekam einen neuen zum Trost geschenkt. Vielleicht sind sich die Frauen dadurch auch viel nähergekommen, staunten über das kleine Natur-Wunder und kamen ins Gespräch über Gottes wunderbare Schöpfung und von seinen Möglichkeiten, die er für uns bereit hält. Ein kleiner Schmetterling, das Symbol der Verwandlung. kann viel bewirken. „ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur. das Alte ist vergangen, siehe Neues ist geworden.“ Ich wünsche uns allen viel Freude an all den bunten Himmels-oder-Sonnen-Boten, die uns in diesem Jahr begegnen!
Ursula Wiebe, Prädikantin, Schloß Richlingen