Ich bin schon oft umgezogen, es ist ja hier in Neustadt schon mein drittes Pfarrhaus, in dem ich wohne. Auch im Studium und danach habe ich ein paarmal die Uni und die Ausbildungsorte gewechselt. Immer mitgenommen habe ich meine Krippenfiguren. Schon von meinem Heimatort an sind sie mit mir auf dem Weg. Dort hatte meine Oma sie mir als Kind mal geschenkt. Auf dem Weg zu sein, das passt zu ihnen. Denn sowohl die Heilige Familie als auch die Hirten und die Könige – sie alle waren auf dem Weg nach Bethlehem.
Diesen Gedanken habe ich mir als Student zu Nutze gemacht. Damals hatte ich nur eine winzige Studentenbude und die war zu klein und eng für einen Weihnachtsbaum. Nicht einmal für das schlichte Krippenhäuschen war Platz, alles stand voll mit Möbeln und Bücherregalen. Wo also hin mit den Figuren? Konnte ich sie trotzdem aufstellen? Ich wollte sie unbedingt dabei haben und auf den Weg zur Krippe bringen. Und dann habe ich einfach passende Plätze für sie irgendwo in meinem Zimmer gefunden.
Maria und Josef kamen auf mein Schränkchen direkt neben der Zimmertür. Da waren sie dicht am Flur, denn sie waren ja unterwegs – damals auf ihrer Reise nach Bethlehem: dorthin, wo kein Raum in der Herberge war und sie in einem einfachen Stall das Kind in eine Holzkrippe legten. Das ist immer wieder ein schöner Gedanke, dass Gott einfach und bescheiden Mensch geworden ist, als er zu uns kam.
Den Hirten mit seinen drei Schafen stellte ich auf meine Fensterbank. Meine etwas vertrockneten Blumen sollten die Bäume symbolisieren, zwischen denen der Mann mit dem Hut und dem Stock seine Tiere weidete. Karg sah das aus, aber stimmig: Hirten waren keine angesehenen Leute, sie hatten eine schwere und unliebsame Arbeit auf dem Feld bei Tag und Nacht. Darum ist es ja so besonders, dass die Hirten als erstes von der Geburt Jesu erfahren haben. Die Engel waren zu ihnen gekommen und hatten es ihnen verkündigt – ihnen als erstes. Schon das war für die Hirten eine großartige Anerkennung!
Die drei Könige setzte ich oben auf den Bücherschrank zu meiner Lexikonreihe, denn sie waren doch die klugen Weisen aus dem Morgenlande. Sie waren dem Stern gefolgt und hatten schließlich aus den alttestamentlichen Schriften erfahren, dass das Kind in Bethlehem geboren werden sollte. Ob sie damals schon ahnten, wie der Sohn Gottes die Welt heil machen würde? Gott ist nicht mehr weit weg von uns, sondern er kommt uns nahe und geht mit uns mit.
Jahre später habe ich dann in einem Familiengottesdienst von meinen Krippenfiguren in der Studentenbude erzählt. Zwei Kinder fanden das besonders gut und haben ihre Eltern am Nachmittag gebeten, die Krippenfiguren gleich vom Dachboden zu holen – nicht erst, wenn der Baum aufgestellt wird. Sie haben mir dann an Weihnachten erzählt, dass Maria und Josef nun endlich an der Krippe angekommen sind. Tatsächlich hatten die beiden Kinder den ganzen Dezember lang ihre Krippenfiguren durchs komplette Wohnzimmer laufen lassen. Sie nahmen das alles so ernst, dass die Eltern schon fast genervt waren: Die Könige mussten mehrmals Umwege zwischen Sofa und Fernseher in Kauf nehmen, denn die kommen ja erst am 6. Januar an – und nicht früher!
Für uns ist der Weg zur Krippe jetzt nur noch ganz kurz: Schon am Dienstag ist es so weit, dann kommt der Sohn Gottes zu uns. Kommen wir auch zu ihm?
Ich wünsche Ihnen auf Ihrem Weg zur Krippe alles Gute und ein gesegnetes Weihnachtsfest! Ich bin gespannt, ob wir uns begegnen und Sie mir erzählen, was Sie auf Ihrem Weg erlebt haben!
Rainer Müller-Jödicke