Der 24. Juni ist ein besonderer Tag: Johannistag - ein Kollege erzählte mir, manche nennen ihn auch die “Sommer-Weihnacht”. Der Tag, an dem die Sommersonnenwende gefeiert wird. Der hellste Tag des Jahres. Danach werden die Tage wieder kürzer, auch wenn die Sommermonate noch vor uns liegen.
Johannes der Täufer lebte in der Wüste. Dort, wo man nehmen muss, was kommt: Er ernährte sich von Heuschrecken und wildem Honig, eben dem, was die karge Natur so hergab. Eine unkonventionelle Wahl für einen Mann, der eigentlich Menschen zur Umkehr rufen will - schließlich müssen alle, die ihn sehen wollen, einen weiten Weg auf sich nehmen. Aber: Johannes vertraut darauf, dass sein Plan aufgeht. Dass gerade Jesus zu ihm kommen würde, war wahrscheinlich auch für Johannes eine große Überraschung. Er musste nicht in einem Tempel sein - Jesus ging dahin, wo Johannes war.
Und gerade dort, in der Wüste, riss über Jesus und Johannes der Himmel auf und Gottes Geist erschien.
Auch als Kirche merken wir heute: Wir müssen rausgehen. Die Menschen aufsuchen anstatt zu warten, dass sie in die Kirche kommen. Den Ort wechseln - ohne zu wissen was uns erwartet. Ausprobieren, vertrauen und weiter probieren. Die Heuschrecken und den wilden Honig von heute suchen.
Der Johannistag steht also für zweierlei: Neues wagen - und gleichzeitig vertrauen. Und vielleicht ist das auch ein Kennzeichen von Glaube an sich: Dass wir durch das Vertrauen keine Angst vor Neuem haben.
Wir leben in einer Zeit, in der wir vieles selbst in der Hand haben möchten. Den Urlaub planen - Hotel buchen, Anfahrt organisieren, Ausflüge recherchieren, das Wetter im Blick behalten - das ist gut und wichtig. Wir wollen Verantwortung übernehmen, für uns und andere sorgen. Aber am Ende lassen sich nicht alle Eventualitäten bedenken: Der Flug hat Verspätung, das Wetter spielt nicht mit, und das kleine Café um die Ecke wird zur schönsten Entdeckung der ganzen Reise.
Der Johannistag gibt uns Gelegenheit innezuhalten. Die Sommermonate, die vor uns liegen, haben eine andere Qualität - auch wer arbeitet, spürt den veränderten Rhythmus. Längere Abende, mehr Licht, vielleicht ein langsameres Tempo. Urlaubszeit für manche, aber für alle eine Zeit, wo das Leben etwas weiter wird.
Da schwingt Sommersonne-Wärme mit. Wie schön, in die kommenden Wochen zu gehen und zu entdecken, wo sich der Himmel auftut. Wo unser Weg-Ebnen auf Gottes Handeln trifft.
Johannes fand in der Wüste heraus, dass sich das Leben nicht vollständig planen lässt - und das ist gut so. So entdecken auch wir heute Jesus an überraschenden Orten, und der Himmel geht auf, wo wir es vielleicht nicht vermuten.
Der längste Tag des Jahres ist vorbei, aber das Licht bleibt. Und mit ihm die Einladung: “Ebnet den Weg des Herrn!” - unseren Teil tun und dann staunen, was Gott daraus macht.
Pastorin Franziska Oberheide, Corvinus Wunstorf