„Sag mal, Mama, bedeutet Volkstrauertag, dass ein Volk trauern muss? Wer ist das Volk?“ Fragen eines fünf-jährigen. Ich stand ganz verdattert vor meinem Sohn und fragte mich, wo er das Wort „Volkstrauertag“ wohl aufgeschnappt haben könnte. Früher gab es noch kein Internet und somit auch Google nicht. Also guckten wir in unsere Lexika. Dort stand, dass der Volkstrauertag ein staatlicher Gedenktag in Deutschland ist und zu den sogenannten stillen Tagen gehört. Im evangelischen Kirchenjahr ist es schlichtweg „nur“ der vorletzte Sonntag im Kirchenjahr. Hört sich nach nichts Besonderem an, oder? Doch auch in den Kirchen erinnern wir uns an die Opfer von Krieg, Terror und Gewaltherrschaft. Ich habe gelesen, dass symbolisch Mohnblüten, Vergissmeinnicht und Kornblumen für die Opfer getragen werden. Und als stiller Feiertag genießt dieser Tag besonderen gesetzlichen Schutz und bietet Gelegenheit zu Einkehr und Besinnung. In Obernkirchen ist eine sehr große Gedenktafel im Stadtpark wie ein Haus platziert. Sie erinnert an all die Männer, die in den letzten beiden großen Kriegen ihr Leben gaben. „Gefallen im Krieg…“, „Vermisst im Krieg“, war dort zu lesen. Mein Opa, in Dänemark geboren. Als der zweite Weltkrieg ausbricht, gehört Flensburg zu Deutschland. Somit musste er zur deutschen Wehrmacht. Er wurde angeschossen und erzählte uns mit einem Lächeln, dass das „sein Glück“ war. Denn im Lazarett in Soltau lernte er meine Oma kennen, die dort als Schwester arbeitete. Er hatte „Glück“, doch was ist mit denen, die gar nicht mehr zurück kamen? Menschen mit Lebensplänen, denen hat man das Leben auf grausame Art genommen. Auch heute. Am Sonntag erinnern wir uns aufs Neue, dass wir den Luxus genießen dürfen, Pläne zu haben und diese leben dürfen. Bisher sind sie uns nicht genommen worden. Arbeiten wir weiter daran, dass das, was im 85. Psalm verheißen wird, bleibt und wird: „Dann kommen Güte und Treue zusammen, Recht und Frieden küssen einander“, denn „Selig sind, die Frieden stiften“.
Susanne Bannert – Prädikantin im Kirchenkreis