Erntefeste prägen in diesen Wochen unsere Ortschaften. Sie stehen für das, was wir in der Kirche mit dem Erntedankfest feiern. Wir erinnern damit an den engen Zusammenhang von Mensch, Natur und Gott.
Auch in unseren Kirchen und Kapellen schmücken wir die Altäre zum Abschluss der Erntezeit festlich mit Feldfrüchten. Damit machen wir deutlich, dass der Mensch die Schöpfung Gottes nicht unter Kontrolle hat. Das erste Buch Mose erzählt davon, dass wir Menschen selbst Teil der Schöpfung sind und dass wir von Gott beauftragt sind, die Erde zu bebauen und zu bewahren. In unseren Zeiten, in denen wir manches bedrohter als sonst empfinden, liegt der Akzent stärker auf dem Bewahren. Themen wie Umweltschutz und Nachhaltigkeit gehören wie selbstverständlich zum Erntedank. Eine Menge können wir heute in Garten und Landwirtschaft tun, um Lebensmittel gesund und ethisch nachhaltig zu produzieren und zugleich Umweltbelastung zu reduzieren, Ressourcen sparen und trotzdem die Erträge zu steigern. So vieles ist möglich – doch nicht alles. Dürren, Hochwasser, Hagelschauer, Insekten oder Pflanzenkrankheiten können ganze Ernten zerstören. Einfach so. Und wir können fast nichts dagegen tun. Daher ist die Freude und Dankbarkeit bei Landwirten und Hobbygärtnern groß, wenn die Ernte eingefahren ist. Weil es nicht allein in der Hand des Menschen liegt, ob die Ernte gut ausfällt. Auch Gott hat einen Anteil daran.
So rückt die Bitte des Vaterunsers „unser tägliches Brot gib uns heute“ noch einmal neu in den Mittelpunkt, weil sie uns daran erinnert, dass viele Menschen und Berufsgruppen nötig sind, bis unsere Teller gefüllt sind. Keiner kann für sich allein den Segen Gottes bewahren.
Die Ernte in Feld und Garten kann übrigens auch für eine Zäsur stehen, die deutlich macht, dass etwas zu Ende gegangen ist. Der Sommer verabschiedet sich, Herbst und Winter stehen vor der Tür. Ein guter Zeitpunkt, für sich selbst Bilanz zu ziehen: Was habe ich erreicht? Welche Ernte habe ich eingefahren? Vielleicht nicht in messbaren Zahlen oder materiellem Wohlstand, aber an Zufriedenheit, an tieferer Gemeinschaft oder mehr Menschenfreundlichkeit.
Auf alle Fälle steht die Dankbarkeit gegenüber Gott im Mittelpunkt, wenn wir Erntedank feiern. Indem wir die Erntegaben vor Augen haben, besinnen wir uns zurück an die Schöpfungsgeschichte und werden uns darüber klar, was Bebauen und Bewahren für unseren Planeten bedeutet – und welche Verantwortung uns damit auferlegt ist.
Pastor Volker Milkowski, Stifts-Kirchengemeinde Wunstorf