Seit dem 3. November hat Corvinus einen neuen Vikar: Jonas Hauschildt. Seit ich ihn begleite – oder vielleicht auch: Seit er mich begleitet – denke ich vermehrt an die Vergangenheit. An mein eigenes Vikariat, an den Beginn meines Berufslebens. Ich erinnere mich an meinen ersten Gottesdienst, meinen ersten Besuch. Und besonders an die Menschen, die mich geprägt haben. Mein Seelsorgelehrer zum Beispiel. Er hat mir Mut gemacht, authentisch zu sein. Und ehrliches Interesse an den Menschen zu haben – an ihren Lebensentwürfen, Hoffnungen und Sorgen. Die Vergangenheit beeinflusst uns. Sie ist nicht einfach vorbei. Sie wirkt nach – in dem, wie wir heute denken, fühlen, handeln. Und manchmal merken wir erst Jahre später, wie sehr uns ein Satz, eine Begegnung, eine Geste geprägt hat.
Der Wochenspruch für die kommende Woche lautet:
„Jesus Christus spricht: Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.“ (Matthäus 25,40) Ein Vers, der nicht fragt, was wir wollten oder beabsichtigt haben. Sondern der sagt: In den Menschen – besonders in denen, die du vielleicht gar nicht beachtet hast – in diesen Menschen begegne ich, Jesus, dir. Jesus sagt: Wenn du für einen Menschen etwas tust, dann tust du es für mich. Was wir tun, bleibt nicht folgenlos. Es wirkt weiter – in anderen und in uns selbst. Die Gesten, die Worte, die Aufmerksamkeit, die wir geben, können Jahre später noch nachklingen. So wie mein Seelsorgelehrer mir etwas mitgegeben hat, das heute in meinem Begleiten weiterlebt.
Was wir heute tun, wird morgen Teil der Erinnerung sein. Und vielleicht Teil von jemandes Mut. Oder Trost. Oder Glauben. Ich verstehe Jesu Worte nicht als Urteil, sondern als eine Einladung das eigene Tun ernst zu nehmen. Denn Christus begegnet uns – im Gesicht des Anderen. Heute. Morgen. Und in dem, was bleibt.
Pastorin Franziska Oberheide, Corvinus Wunstorf