Heftig wurde in dieser Woche um verschärfte Regeln zur Grenzsicherung gerungen. Das Entsetzen über die Anschläge in Magdeburg und Aschaffenburg ruft nach Reaktionen. Gegen solche Gewalt muss etwas getan werden!
Doch aus gutem Grund enthält unsere Verfassung das Recht auf Asyl. Viele Deutsche haben das Naziregime nur überlebt, weil andere Länder ihnen Asyl gewährt haben. Schon diese Erinnerung mahnt zu einem sorgfältigen Abwägen. Die Bibel für die meisten noch immer Wertgrundlage unseres Zusammenlebens mahnt immer wieder: Du sollst das Recht des Fremdlings und der Waise nicht beugen. Denn du sollst daran denken, dass du Knecht in Ägypten gewesen bist und der HERR, dein Gott, dich von dort erlöst hat. Darum gebiete ich dir, dass du solches tust. (5. Mose 24, 17-18).
Menschen, die aus Kriegsgebieten zu uns kommen sind in der Regel schwer traumatisiert. Das wurde in der Vergangenheit meist ignoriert. Wer in ein friedliches Land kommt, wird sich schnell anpassen, so die Überzeugung. Doch manche haben in ihrem Leben keine anderen Regeln als das Recht des Stärkeren kennengelernt. Sie brauchen Unterstützung und Therapie, um sich davon frei machen zu können. Eine erneute Abweisung wird dem angestauten Hass ein weiteres Ziel zufügen: den wohlhabenden Westen. In ihren weitgehend zerstörten Heimatländern werden diese Menschen keine Hilfe bekommen und sich möglicherweise weiter radikalisieren.
Darum: Wir brauchen Augenmaß und Menschlichkeit. Asyl als Ausdruck der christlichen Nächsten- und Feindesliebe soll Brücken schlagen. Dazu gehört es auch, demokratische und friedliche Umgangsformen einzuüben. Natürlich mit einer engmaschigen Überwachung derer, die durch Gewalt aufgefallen sind. Eine rechtzeitige Einweisung in geschlossene Bereiche mit therapeutischer Begleitung. Abschieben um jeden Preis wird vor allem die treffen, die auf einem guten Weg der Eingliederung sind und damit unsere Sozialsysteme stärken. Pauschale Grenzschließungen zerbrechen die ohnehin schwerer gewordene europäische Integration.
Pastor Thomas Gleitz, Stifts-Kirchengemeinde Wunstorf