Liebe Leserin, lieber Leser,
was für ein Chaos! So manches Mal habe ich das in den letzten Wochen gedacht. Was für eine Anstrengung! Da treten die Kanzlerin und drei Ministerpräsidenten vor die Kamera – sichtbar geschafft nach stundenlangem Ringen um den richtigen Weg durch die Wirren der Pandemie. Ehrlicherweise bin ich froh, dass ich diese gigantische Verantwortung nicht tragen muss. Es sind Entscheidungen zu treffen, deren Auswirkungen kaum zu übersehen sind. Ich möchte nicht tauschen!
Mehr als 75.000 Menschen sind im letzten Jahr in Deutschland im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion gestorben. So viele! Viele sind anders gestorben, als sie es wollten: auf Intensivstationen nach wochenlangem Ringen, statt von Angehörigen begleitet waren Pflegekräfte an ihrer Seite. Viele starben früher, als sie es gehofft hatten.
Anstatt diese Menschen zu betrauern, suchen wir nach Schuldigen. Anstatt die Verletzlichkeit unserer Existenz zu akzeptieren, sind wir gekränkt und verstört, welche Macht dieses Virus über uns gewonnen hat. Ich lebe gerne – sehr gerne. Aber ich weiß auch, dass Gesundheit ein flüchtiges Gut ist und ich sterben werde. Ich hoffe, dass es bis dahin nach dauern wird. Aber ich weiß es nicht.
Deshalb ist mir die Zuversicht, die Erfahrung so wichtig, dass ich auf meinem Lebensweg begleitet werde: von Christus. Ich hoffe, dass er mich durchs dunkle Tal von Krankheit und Sterben begleiten wird. Und ich hoffe, dass er mich nicht dem Tod überlassen wird. Karfreitag und Ostern. Das, woran wir gerade denken, hat mit mir zu tun: unmittelbar. Es erinnert mich daran, dass ich Mensch bin – verletzlich von Geburt an. Und dass ich Gott brauche. Damit ich lebensfroh bin und der Zukunft gelassen entgegen gehe. Damit ich Barmherzigkeit erfahre – und sie üben kann. Auch denen gegenüber, die so große Verantwortung tragen. Glaube hilft zum Leben – hier und heute!
Ich grüße Sie herzlich!
Oberlandeskirchenrat Hans-Joachim Lenke, Vorstandssprecher Diakonisches Werk in Niedersachsen