… Gott seinen Advent zuzutrauen. Die Zweifel liegen auf der Hand. Was ist das für ein Gott, der unverdrossen noch immer diese Welt aufsucht? Der alles dransetzt, bei uns anzukommen. Ohne Werbeagentur. Einfach ganz schlicht. Ohne Gewaltandrohung. Einfach ganz menschlich. Weihnachten bedeutet: Das Leben ist angerichtet. Darum auch unsere großen Weihnachtsessen und die, für diesen Anlass eigentlich recht üppigen Geschenke. Doch was haben wir selbst angerichtet? In was für einer ramponierten Welt sucht Gott nach uns. In einer Welt, in der sich alle fertigmachen? Da bringt Gott es fertig, in einem Kind sich uns zu zeigen? Ja, wir tun uns Unrecht, uns nur als Verlierer:innen zu sehen. Wir tun Gott Unrecht. Denn er hat uns erfunden. Wie sollte der Erfinder allen Lebens aufhören, das Leben zu suchen und wiederfinden zu wollen.
Doch weil der Mensch gern stark sein möchte und sich darum nicht so gerne finden lässt, sondern lieber selbst alles entdecken und können möchte, wird darum vielleicht Gott selbst ein Kind? Damit wir ihn finden? Gott geht auf uns ein. Der Finderlohn werden Freude und Freundlichkeit sein. Darum erfasst uns gerade zu Weihnachten der Lichterglanz und die Sehnsucht nach allem Schönem. Wir sind eben nicht die Ernter:innen unseres Lebens. Wir sind Empfangende und Mitgestaltende. In der Kosten-Nutzen-Rechnung des Lebens stehen wir auf einem anderen Blatt als unsere privaten Rechnungen es uns einreden wollen. Menschliche Bilanzen sind immer Tagesbilanzen. Sie sollen das aufweisen, was sich zeigen lässt. Doch unbemerkt verstecken wir uns schnell dahinter.
Weihnachten hingegen bringt Licht in die Bilanzen der Dunkelheit, jene Schatten- oder Nachtbilanzen, in denen das Unansehnliche sichtbar wird. Uns wird unheimlich, denn wir erahnen: Der Tod bringt uns alle auf einen Nenner, als säße er über uns zu Gericht. In dieses Dunkel hinein funkelt ein Stern. Er erhellt die Dunkelheit, macht Wege sichtbar in der Gefahr. Und plötzlich finden wir uns hautnah wieder wie eine Perle an Gottes Hals. Unverlierbar. Denn mit diesem Christuskind ruft der Liebhaber des Lebens seine Macht aus: „Es wird nicht dunkel bleiben über denen, die in Angst sind.“ (Jesaja 8,23).
Tilman Kingreen, Pastor in Hannover und Wunstorf