Wir kennen das alle, auf einer der vielen multimedialen Plattformen wird mal wieder ein sich anbahnender Skandal offeriert. Natürlich ist nichts bewiesen, aber frei nach der Devise „Hast Du schon gehört“ wir einfach drauflos geschrieben. Ganz gleich, was wir der oder dem Betroffenen damit antun. Und ist dieser Höllenhund der Sensationsgier erst einmal losgelassen, dann wird es schwierig, ihn wieder zu bändigen. Das gesprochen oder in der Öffentlichkeit geschrieben Wort ist kaum mehr zurückzunehmen.
Schülerinnen schreiben einem Mitschüler wie unmöglich und widerwärtig er sei. Gewiss, neun von zehn Menschen mögen das gut finden, aber das Opfer weiß um all die Lügen. Doch wie soll man sich wehren? – Ja, die Lügen!
Mir sagte mal einer: „Sie als Christ dürfen ja nicht lügen.“ Und er war ganz erstaunt, als ich ihn fragte: „Wieso?“ – „Naja, das steht doch in den Zehn Geboten.“ – Und ich: „Nein, so steht das da nicht. Wenn ich will oder muss, kann ich lügen bis die Balken biegen. Das ist nicht unbedingt eine Sünde. Und hin und wieder gibt einem das Gesetz sogar Recht.“ – Nun, grundsätzlich sollte jeder die Wahrheit sagen und nicht lügen. Aber keine Erklärung ohne Not. Und Schweigen ist besser als dummes Zeug zu erzählen.
Doch was steht denn dann im Gesetz des Mose? Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen nächsten. Oder wie es in der heutigen Losung heißt: Du sollst kein falsches Gerücht verbreiten.
Aha, um Gerüchte geht es. Wenn mich also eine Freundin fragt, ob sie zu viel Speck auf den Rippen habe. Dann kann ich ihr getrost sagen: „Nein, ich finde dich sehr attraktiv, so wie du bist.“ Ersten ist das ernst gemeint, und auch wenn es geflunkert wäre, so bin ich doch froh, wenn dafür nicht gleich das Schwert der Rache Gottes über mir schwebte. Auf der anderen Seite bin ich glücklich, dass mich ein leichter Druck christlicher Ethik daran erinnert, nicht gleich gedankenlos daher zu plappern. Gerüchte sind schnell in der Welt.
Und wie wehre ich mich dagegen? Indem ich mich selber mehr wertschätze als meine Gegner, offensiv mit den Anfeindungen umgehe, mir Verbündete suche. Lehrer, Sozialarbeiterinnen und Seelsorger sind eine gute Wahl.
Prädikant Holger Kipp