Am Abend grad erst aufgehängt, am Morgen Augenmerk geschenkt…und dann ist das Meisenpaar auch schon in den Nistkasten eingezogen. Eigentlich zum Freuen, aber, oh, der Kasten war doch am Baum noch gar nicht richtig fest. Nicht mehr zu ändern, vielleicht hilft das dichte Efeu, das den Stamm umgibt, klammernden Halt zu geben. Hoffentlich kommt bis zum Ausschlüpfen kein so gewaltiger Sturm. Alles nebensächlich in unserer von dem Ukraine-Leid geprägten und erschütterten Welt?- J/ein. Ablenkung durch die Freude an der, jetzt gerade besonders schönen, Natur ist auch wichtig. Unzählige Male schon konnte ich emsige Nistkasten-Einzüge beobachten, diesmal war es in dem neuen Kasten besonders interessant. Jetzt betrachtete ich auch den Baum mal bewusst, den dicken Eichenstamm und seine Krone, die wieder entstanden ist, nachdem sie eigentlich für immer abgesägt war. Üppig sprießen viele neue Zweige, die sich staksig zum Himmel der Sonne entgegen recken. Der Stamm sollte eine Efeusäule werden und bleiben. Wenn ich das muntere Vogeltreiben und Gezwitscher, Gesumme und Gebrumme, da oben erlebe, weiß ich, alle freuen sich und warten schon auf das frische Blattwerk und was sonst für sie noch dazu gehört. „Seht die Vögel unter dem Himmel an: Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen, und euer himmlischer Vater ernährt sie doch, seid ihr denn nicht viel mehr als sie?“ Damit sagt Jesus (Matth.6,26) „Sorgt euch nicht um euer Leben.“ Ein Satz, der zwar beruhigt und tröstet, aber auch sehr schwierig ist, gerade z.Z. - Nicht für unseren Baum. Er, der wieder einen Ring und damit gelebte Kraft dazu bekommen hat, freut er sich? Ich vermute ja, denn er strotzt vor Energie, die ihn seine Wurzeln immer noch tiefer in den Boden treiben lässt. Die braucht er ja auch für seine vielen Untermieter, die Tauben, Amseln, Spatzen und Stare, die Eichhörnchen, die Nistkästen-Bewohner und viele andere Gäste an der Futtersäule, die an ihm befestigt ist. Ein Laubbaum, wie er, `ist ein Symbol für die stets aufs Neue den Tod besiegende Wiedergeburt des Lebens , und er verbindet den Bereich des Unterirdischen mit dem des Himmels und der Erde. In zahlreichen Kulturen sah man im Baum ein heiliges Wesen`. Als ich das las, entdeckte ich die wohl ungeklärte Frage, aus welchem Holz das Kreuz Christi angefertigt wurde. Vermutet werden der Eichenstamm, weil das Holz nicht verwest oder das Espenholz, weil das ständige Zittern des Espenlaubes ein triftiger Grund sein könnte. “Holz auf Jesu Schulter, von der Welt verflucht, ward zum Baum des Lebens und bringt gute Frucht…“(97)
Ich wünsche uns allen die Kraft und die Stärke eines Baumes, um auch andere stützen und ihnen in Not und Traurigkeit beistehen zu können.
Ursula Wiebe, Schloß Ricklingen