Neulich hatte ich Appetit auf Tomatensuppe. Nein,nicht die,aus der Tüte. Ich hatte den Geschmack von OMAS Tomatensuppe auf der Zunge. Ich erinnerte mich an den Duft, der durchs Haus zog und der Mühe, die sich Oma um die Familie gab. An die gerechte Aufteilung der frischen Erdbeeren und ihre nach Lorbeer duftenden Soßen. Ich erinnerte an die liebevolle Fürsorge des Opas, der die Stelle des Familienoberhauptes übernehmen musste. Ich erinnerte an Familienzeit mit den Eltern, die tatsächlich nur Sonntags–aber dann richtig–Zeit für uns hatten. Ich erinnere an die Geschichte unseres Lehrers Armin Mandel über den kleinen Kobold „Semmelknödel“, der bei ihm zuhaus die Welt in Unordnung brachte. Mein Herz hüpft heute noch, wenn ich an den versteckten-von mir aber schon entdeckten-Hasen erinnere, der an Ostern mein Kinderherz erfreuen sollte. Genauso lebhaft erinnere ich an das morgendliche Abholritual meiner Schulfreundin (kath.), die von ihrer Mutter mit einem Kreuz auf der Stirn gesegnet wurde. Ich spüre in meiner Erinnerung bis heute den Stich im Herzen, weil dieses Kreuz mir (ev.) morgens nicht gegeben wurde. Erinnerungen, sie sind die Fußabdrücke am Strand unseres Lebens, keiner kann sie uns nehmen. Selbst die schlimmste Krankheit bewahrt in irgendeiner Gedankenecke noch ein kleines Stück Erinnerung. Die gilt es kostbar zu pflegen. Sich an schöne Momente zu erinnern, hilft dabei, in schweren Zeiten nicht den Mut zu verlieren. Probieren Sie das einmal aus. Die Erinnerung an die Kindheit oder bedeutende Ereignisse steht oft ein Leben lang im Herzen. Sprüche zu diesem Thema gibt es zahlreich: „Genieße den Tag, denn die Momente von heute sind die Erinnerungen von morgen“. „Die schönsten Erinnerungen sind die, die einem ein Lächeln auf die Lippen zaubern“. „Die Erinnerung ist das einzige Paradies, aus dem wir nicht vertrieben werden können“. Am Sonntag Reminizere begleitet Psalm 25 die christliche Liturgie. „Gedenke deiner Barmherzigkeit, Herr, und deiner Gnade, die seit Anbeginn besteht! Also: Mensch, Erinnere Dich“: an Gott, unseren Herrn, der uns das Leben geschenkt hat, obwohl Menschen auch das anzweifeln. Die Aufforderung, „Erinnere Dich“, gilt den Christenmenschen, die ihre Erfahrung mit Gott gemacht haben und denen, die sie noch machen wollen. Generationen von Menschen haben einen freundlichen Gott erlebt, haben zumindest von ihm gehört, erinnern sich auch an die ein oder andere Bewahrung im eigenen Leben. Gottes Freundlichkeit, sein Schutz und Beistand, lässt sich spüren, wenn wir es zulassen. Sie hilft durch das Leben mit all den Steinen, die auf dem Weg liegen, sie hilft darüber hinweg zu hopsen oder auch mal um Kraft zu bitten, dass der Stein an die Seite rollt. Für uns ALLE gilt: Erinnere Dich. An das Gute UND an das Schlechte im Leben. Erinnere Dich, wie Du es er-/getragen hast. Erinnere Dich, Deines Lebens und Deines Glaubens. Und dann…. Sei demütig …..und dankbar.
Frauke Harland-Ahlborn (Prädikantin in der Stifts-KG + im Kirchenkreis Neustadt-Wunstorf)