Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen gehören dazu
„Warum kommt Frau Zumach eigentlich nicht mehr zum Seniorenkaffee?“ Ratlos blicken sich die Helferinnen der beliebten Gemeindeveranstaltung an. Später erkundigt sich eine von ihnen bei der Familie, ob etwas vorgefallen sei. Und erfährt von der Erkrankung der Seniorin an Altersdemenz, von der Sorge aufzufallen, sich falsch zu benehmen. Darum hat sie entschieden: „Ich geh da besser nicht mehr hin.“
Unsicherheit und die Angst, sich zu blamieren, sind die wichtigsten Faktoren, warum Menschen mit einer Demenzerkrankung sich aus dem öffentlichen Leben zurückziehen. Auch aus dem kirchlichen. Dabei könnte gerade bei Kirchens ein anderer Wind wehen, wo wir doch verkünden, dass jeder Mensch von Gott geschätzt wird, und diesen Glauben auch umsetzen wollen: Vor Gott müssen wir uns nicht schämen, weil er uns nicht nach den oberflächlichen Maßstäben beurteilt, die wir uns selber basteln, sondern nach unserem Herzen. Und am schönsten sagt Gott es uns bei Jesaja zu: Kann denn eine Mutter ihr eigenes Kind vergessen? Und selbst wenn sie es täte: Ich vergesse dich nicht. Siehe, ich habe dich eingezeichnet in meine Hände, deine Gestalt (ursprgl. Mauern) habe ich immer vor Augen. (Jesaja 49, 15-16a)
Also: Was tun? Ist es möglich, sensibler zu werden? Hemmungen abzulegen und mutiger auf Menschen zuzugehen, die an Demenz erkrankt sind oder ein anderes Handicap haben? Können wir einen Umgang einüben, der die Ressourcen der erkrankten Menschen berücksichtigt und Beteiligungsmöglichkeiten schafft anstelle von Hilfsangeboten? Der auch die pflegenden Angehörigen – den „größten Pflegedienst der Nation“ (VdK) – ernst nimmt?
Religion ist für alte wie junge Menschen ein Resilienzfaktor, wird gesagt, also ein Stärkungsmittel fürs innere Gleichgewicht. Das Vaterunser, ein Psalm oder ein altes Kirchenlied, das ich von klein auf kenne und einfach mitsinge: Sie können Ruhe und Geborgenheit schenken, weil sie Erinnerungen wachrufen, und das gibt Sicherheit. Gott vergisst mich nicht. Aus seiner Gemeinschaft kann ich nicht herausfallen.
Ihre Susanne v. Stemm, Pastorin in Bokeloh