
Seit ihrer Kindheit in Bremen in der klassischen Kantorei aktiv, prägte Christina Norzel-Weiβ mit ihrem Engagement in der Kinder- und Jugendarbeit, in der ökumenischen Zusammenarbeit und der Einführung neuen geistlichen Liedguts viele Lebenswege. Ihre Verabschiedung am Sonntag markiert das Ende einer Ära in der Kirchengemeinde Mariensee.
Die scheidende Seelsorgerin blickt auf eine bewegte Laufbahn in der Kirche zurück.
Die Wurzeln der im Dezember 1959 in Bremen geborene Pastorin liegen dabei in einem Stadtteil, in dem der Zuzug polnischer Spätaussiedler das soziale und kulturelle Miteinander prägte. Schon früh engagierte sie sich in der Kinder- und Jugendarbeit und trug
maßgeblich dazu bei, das ökumenische Miteinander zu fördern und neues geistliches Liedgut in der katholischen Jugendarbeit voranzubringen. "Die Musik war für mich immer ein verbindendes Element, das Menschen unterschiedlicher Herkunft zusammenführte", betonte Norzel-Weiβ in einem Gespräch mit dem Öffentlichkeitsbeauftragten des Kirchenkreises Neustadt-Wunstorf, Mirko Bartels.
In ihrer Jugend war sie Mitglied einer klassischen Kantorei, was ihren musikalischen Sinn bereits prägend formte. Ihr theologischer Bildungsweg führte sie durch verschiedene Stationen – von intensiven Studien in Theologie an renommierten Einrichtungen in Deutschland und der Schweiz bis zu einem Gemeindepraktikum in der Deutschen Gemeinde in Stockholm. Ihr Vikariat in der Bremischen Evangelischen Kirche legte den Grundstein für den weiteren Weg der jungen Pastorin.
Anschließend sammelte sie internationale Erfahrungen in Kalifornien, wo sie als Gastpastorin in der Calvary Lutheran Church in Solana Beach tätig war und eine Ausbildung in klinischer Seelsorge an Krankenhäusern in Los Angeles absolvierte. "Die Zeit in den USA hat mir gezeigt, wie wichtig es ist, den Blick über den Tellerrand zu wagen", erläutert Norzel-Weiß.
Nach ihrer Rückkehr nach Bremen engagierte sie sich bei der Telefonseelsorge und in der Kirchengemeinde Unser Lieben Frauen. „Dort habe ich im Team Citykirchenarbeit in unmittelbarer Nähe der Bremer Stadtmusikanten geleistet“, erinnert sich Norzel-weiß heute. Sie bildete sich zudem am evangelischen Zentralinstitut für Familien- und Lebensberatung weiter und etablierte sich mehrfach in einem damals traditionell männlich dominierten Amt neu. "Immer wieder wurde ich als 'die Erste' bezeichnet – eine Bezeichnung, die mich motivierte, stets neue Wege zu gehen", erinnert sich die scheidende Seelsorgerin.
Seit März 2005 leitete sie die Kirchengemeinde Mariensee, eine Patronatsgemeinde, die in enger Leistungsverpflichtung mit der Klosterkammer Hannover und der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers steht. Mariensee gilt als besonderer Ort: Mit dem Institut für Nutztiergenetik des Friedrich-Löffler-Instituts, einem internationalen Wissenschaftsbetrieb, einem Kloster mit künstlerischem Schwerpunkt sowie den gewachsenen Dörfern Himmelreich, Empede, Wulfelade und Büren im Umkreis, bildet die Gemeinde einen Raum der Begegnung in dem Norzel-Weiß nicht nur den Posaunenchor und die Kantorei, sondern auch die evangelische Kita Mariensee maßgeblich begleitete.
„Die traditionsreiche kirchenmusikalische Arbeit in der Kirchengemeinde Mariensee war für mich immer ein Ort der Integration der Verschiedenen mit den Akteuren Dorf, Institut und Kloster. In diesem Umfeld ist die internationale Sprache der Musik ein wahrer Segen“, sagt die langjährige Pastorin. Gleiches gelte auch für den Kindergarten. „Gerade diese Einrichtung ist ein Ort des Zusammenkommens für Familien etwa der Gastwissenschaftler am Institut und für Einheimische und Flüchtlingsfamilien. Dies alles habe ich unterstützt und gefördert, aber die Arbeit haben schlussendlich die Menschen in den Chören, die Chorleitenden und das Team der Kita geleistet“, sagt Norzel-Weiß.
Zu ihren Schwerpunkten zählte während ihrer Dienstzeit die Gestaltung lebendiger Gottesdienste, die Einführung musikalischer Abendgottesdienste sowie die Förderung ökumenischer und interkonfessioneller Dialoge. Unter ihrer Leitung wurden Konfirmandenprogramme ausgebaut, Kindergottesdienste etabliert und die Fusion der Kirchengemeinden Büren und der Kapellengemeinde Empede-Himmelreich mit Mariensee im Jahr 2010 realisiert. "Unser Ziel war es immer, den Menschen einen Ort der Begegnung zu bieten, an dem sich verschiedene Lebenswelten begegnen können", erklärte Norzel-Weiβ.
Im Rahmen des Reformationsjubiläums 2017 organisierte sie den „Tag der Kirchenmusik“ auf dem Gelände des Instituts sowie in der Klosterkirche. Die Aktion „Lichtpunkte“, die alle Kirchengebäude der Nordregion im Oktober und November 2017 erstrahlen ließ, zählt ebenso zu ihren Initiativen. Während der Corona-Pandemie stellte sie sicher, dass trotz strenger Hygieneregeln sonntägliche Gottesdienste stattfanden und pflegte dabei eine enge Zusammenarbeit mit lokalen Vereinen und den Patenkompanien der Bundeswehr am Standort Luttmersen.
2016 absolvierte sie ein Kontaktstudium in Jerusalem an der Hebräischen Universität, das den interreligiösen Dialog zwischen Juden und Christen in den Fokus rückte. Diese Erfahrung rundete ihr Profil als weltoffene und engagierte Pastorin ab.
Mit ihrem Abschied hinterlässt Christina Norzel-Weiβ ein reiches Erbe. Ihre zahlreichen Initiativen und der beständige Einsatz prägen die Kirchengemeinde Mariensee nachhaltig. Ihre Worte und Taten bleiben als Inspiration für kommende Generationen erhalten. „Ich wünsche den Menschen in Mariensee und den Ortschaften für ihre Zukunft alles Gute und freue gleichzeitig auf meine neue Nachbarschaft“, sagt Norzel-Weiß. Als neuen Wohnsitz hat sie gemeinsam mit ihrem Ehemann Mandelsloh gewählt.