"Seht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht." (Lk 21,28b) Das ist der Wochenspruch für die kommende Woche.
Seht auf und erhebt eure Häupter. Kinn nach oben. Geschwellte Brust und gestärkter Rücken. Seht auf und erhebt eure Häupter. Das klingt nach Stolz. Danach, den Blick in die Ferne schweifen zu lassen, Schultern zurück – ein Lächeln auf dem Gesicht.
Seht auf und erhebt eure Häupter.
Letzte Woche war ich auf einer Tagung zum Thema Demut. Und – so absurd das vielleicht im ersten Moment klingen mag: Dieser Wochenspruch passt ganz fantastisch zum Thema Demut.
Franziska Frank schreibt: „Demut ist nicht, weniger von sich zu denken, sondern weniger über sich.“
Das bedeutet: Demütig leben hat nichts von ‚sich klein machen‘, ‚nicht aufmucken‘ oder ‚mit der eigenen Meinung hinterm Berg halten‘.
Sondern: Demut zu empfinden bedeutet dankbar zu sein. Wenn ich mein Leben betrachte: Wenn ich dabei empfinde und sehe, wie viel mir gegeben ist, das ich nicht selbst verursacht und erarbeitet habe. Sondern was mir Geschenk ist – einfach so. Unverdient.
Und auch die andere Seite: Wenn ich die Welt betrachte – ihre Größe, Schönheit und ihren Schrecken. Wie viel auf der Welt passiert, das ich als ungerecht empfinde. Was mich erschrecken lässt – wenn ich darüber nachdenke, dass ich große Veränderungen nicht in der Hand habe. Und so manche Umstände aushalten muss – ob ich will oder nicht.
Dann empfinde ich Demut. Gegenüber dem Wunder des Lebens. Gegenüber Gott.
"Seht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht."
Der Grund für diese Haltung – der liegt in der Verheißung. Die Ursache für die Demut ist die Erkenntnis, Teil zu sein von etwas Größerem.
Und so steckt eben auch ein Auftrag in der Demut: Nämlich, genau das laut werden zu lassen, dem gegenüber ich mich demütig fühle. Mich einzusetzen für das Große, das über mich hinaus weist.
Also: Ich als Geschöpf Gottes auf dieser Welt. Mir ist mein Leben geschenkt. Deshalb habe ich auch den Auftrag, dieses mein Geschenk sichtbar werden zu lassen. Meine Stimme dazu zu verwenden, von Gott zu erzählen. Und so dazu beizutragen, dass Erlösung naht. Auf dieser Welt.
Franziska Oberheide, Pastorin in Corvinus